Reisebericht Tag 10 und 11 - Prince William Sound

2. August 2004:

Die Pilgrim Family bleibt uns bei der Abreise erspart, es geht die 60 Meilen Schotter zurück nach Chitina. Bei herrlichen Aussichten auf Mt. Drum und andere Bergspitzen schauen wir einigen Lachsfischern bei der Arbeit zu, wobei nicht im eigentlichen Sinn von Angeln geredet werden kann. An den Ufern des Flusses sind schaufelradähnliche Konstruktionen aufgebaut, die einen Lachs, der diesen Weg wählt, nach oben transportiert und dann in ein Netz fallen lässt. Eine Familie kann sich eine Fangquote zuteilen lassen, die sie nicht überschreiten darf. Auch kommerzielle Nutzung der Lachse ist (eigentlich) nicht gestattet.

Wir disponieren kurzfristig unsere Essensplanung um und kaufen zwei Lachse (Red Salmon, die Sorte, die auch von den Bären präferiert wird) zum umwerfend billigen Preis von 10 Dollar. Und wir dürfen noch zuschauen, wie ein Profi die beiden Fische ausnimmt. Leider macht er dies nicht sorgfältig genug, wie einige am Abend anhand der auszuspuckenden Gräten noch feststellen werden müssen.

Nach dem Fischabenteuer machen wir uns auf in Richtung Süden. An den sehr schönen Liberty Falls (von dort ist auch eine Wanderung möglich) bauen wir unsere Mittagspause ein und die Fotografen unter uns versuchen, das Bestmögliche aus den kleinen Wasserfällen und Wasserspielen herauszuholen. Dazu besucht uns ein kleiner Vogel immer wieder und studiert aufmerksam den Reiseführer, den Monika auf den Tisch gelegt hat.

30 Meilen nördlich von Valdez gibt es einen längeren Abstecher zum Worthington Glacier, der sehr zu empfehlen ist. Es besteht wieder einmal die Möglichkeit, direkt bis zur Gletscherzunge und auch ein wenig auf dem Eis zu wandern. 10 Meter vor mir kommt ein kleiner Eisbrocken von oben herunter und knallt ins Wasser. Wie gut, das ich nicht noch ein Stück weitergelaufen war.

Zwei weitere Stopps bieten sich am Thompson Pass und an den Bridleveil Falls an, wobei letztere aufgrund des geringen Regens der letzten Wochen verhältnismäßig lustlos aus 40 Metern nach unten stürzen.

Am späten Nachmittag erreichen wir Valdez, zum einen das Ende der Alaska Pipeline und damit Ölverladestation, zum anderen Ausgangspunkt für Fahrten in den Prince William Sound. Die Stadt hat ca. 4.000 Einwohner. Durch das Erdbeben 1964, das eine Stärke von 9.2 erreichte, wurde das frühere Valdez zerstört und 4 Meilen entfernt wieder aufgebaut.

Unser Campground liegt ein wenig außerhalb und ist wieder mal ohne Duschen. Das Abendessen besteht aus den beiden oben bereits angesprochenen Lachsen mit Kartoffeln und Dip. Danach ist für mich um 10 Uhr Bett- bzw. Zeltruhe angesagt, denn der nächste (frühe) Morgen kommt bestimmt.

3. August 2004:

Um 4 Uhr 45 ist Wecken, die reservierte Fähre wird nicht auf uns warten und die nächste geht erst zwei Tage später. Nicht allen fällt das frühe Aufstehen leicht, wie überhaupt gesagt werden muss, dass einige in der Gruppe deutlich längere Anlaufzeiten am Morgen haben als andere. Wolfgang und ich sind jedenfalls um 5 nach 5 mit dem Zeltabbau fertig und betrachten amüsiert, wie sich da erst die letzten aus dem Zelt quälen. Martin braucht noch eine freundliche Sonderaufforderung, aber schließlich sind alle um 5 Uhr 45 abfahrbereit.

Von 6 Uhr bis 7.15 Uhr warten wir dann am Hafen darauf, die Fähre befahren zu dürfen. Wie gut, dass die Arbeiter nicht bei einer Nordseefähre beschäftigt sind, sonst müssten alle Autos 10 Stunden vor Abfahrt da sein. Ich habe jedenfalls noch nie ein so dilettantisches und langsames 'Einchecken' erlebt. Lustig ist auch, dass jeder seinen Reisepass beim Betreten der Fähre vorzeigen muss, weniger lustig, dass Bernd den Pass nicht im Handgepäck verstaut hat, was eine Ein- und Ausräumorgie vor der Fähre nach sich zieht. Aber wir schaffen alles noch rechtzeitig und mit 15 Minuten Verspätung legt das Schiff ab.

Für die Überfahrt nach Whittier gilt das gleiche wie für den Flug über Wrangell/St. Elias. Eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Bergkette an Bergkette, Gletscher an Gletscher, Eisberge im Wasser, der gigantische Columbia Gletscher im Hintergrund, traumhaft schönes Wetter mit strahlend blauem Himmel und kaum einem Wölkchen. Schade, dass die Fährfahrt nach knapp sechs Stunden schon wieder vorbei ist. Am liebsten wäre ich gleich noch mal zurück gefahren. Der Columbia Gletscher ist übrigend einer der größten in Alaska mit einer Ausdehnung von über 1.100 Quadratkilometern und wurde von Captain Cook 1890 benannt.

Nach dem Verlassen der Fähre geht's durch den Anton Anderson Memorial Tunnel. Bis vor wenigen Jahren fuhr da nur der Zug durch und alle Autos wurden verladen. Jetzt steht die einzige Spur zu festgelegten Zeiten dem Autoverkehr in beiden Richtungen und zwei Mal am Tag eben dem Zug zur Vergügung. Ein interessantes Konzept.

Auf dem Weg über den Seward Highway kommen wir an dem bekannten Portage Glacier vorbei, der sich in den letzten 100 Jahren hinter einen Berg zurückgezogen hat und den vorgelagerten See mit kleinen Eisbergen versorgt. Leider ist heute die Zahl schwimmenden Eisberge wesentlich niedriger als an anderen Tagen, dafür werden wir bei einer Wanderung über den Byron Glacier mehr als entschädigt. Auch das Wetter lässt uns nicht im Stich. Es bleibt sonnig.

Am späteren Nachmittag erreichen wir die Kenai Peninsula in Seward. Wir schlagen unsere Zelte eine Meile außerhalb von Seward bei Millers Crossing auf. Der Zeltplatz liegt keine 100 Meter vom Fjord entfernt. Für Freunde abgelegener und ruhiger Übernachtungen ist der Campground nicht geeignet, auch die sanitären Einrichtungen machen einen na ja, sagen wir mittelmäßigen, Eindruck. Aber dafür sind wir ganz nah am Wasser, an den Möven und an den Fischern, die dort ihrer Arbeit nachgehen.

Der Abend wird abgeschlossen mit einem leckeren Geschnetzelten und Angriffen von Killerfliegen. Nein, im Ernst, durch die Lage direkt am Wasser haben wir erstmals seit einigen Tagen wieder mit allerlei kleinen Flugtieren zu tun, die nur unser Bestes wollen, das Blut. Und gelegentlich bekommen sie es auch.


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