Reisebericht Tag 9/10 - St. Lucia (19./20. Dezember)

19. Dezember:

Der Himmel ist wieder einmal bewölkt, aber da wir zu einer der bislang seltenen Wanderungen aufbrechen, sind wir nicht zu böse. Wir werden mit den Geheimnissen der Sipho Highschool vertraut gemacht, einem der vielen Schulprojekte, das der schwarzen Bevölkerung helfen soll und setzen den Vormittag mit einem Besuch in einem Zulu-Dorf fort. An den Hütten, die links und rechts vom Weg liegen, stehen kleine Kinder und winken uns zu. So richtig tief eintauchen können wir nicht, aber für einen Eindruck über die bescheidene Lebensweise reicht die Wanderung aus.

Der Fahrnachmittag bringt uns erstmals an den Indischen Ozean. Bei St. Lucia landen wir im Hotel Jo-A-Lize. Und dann gehen die Pannen los. Als erstes belegen die cleveren Manager des Ladens die großzügigen Drei-Bett-Zimmer mit unseren Einzelreisenden. Dann werden Steffen und ich in ein Zimmer einquartiert, das überhaupt keine Klimaanlage hat. Warum dies so ist, kann uns auch nicht beantwortet werden. Als wir auf einem Zimmer mit Klimaanlage bestehen (bei 40 Grad verständlich, denke ich), geht das Besichtigen von Zimmern los, die entweder direkt neben der Küche liegen oder nach Fabrik riechen. Schließlich löst Kim das Problem, indem sie mit uns das Zimmer tauscht. Als echte Südafrikanerin hat sie Klimaanlage nicht nötig…

Am Nachmittag suchen und finden wir schließlich den Ozean. Schwimmer gibt es dort selten, dafür sind viele Angler bei der Arbeit bzw. frönen ihrem Hobby. Ein Mann lässt seinen Lenkdrachen im heftigen Windsteigen. Später: In der gegenüber dem Hotel gelegenen Pizzeria essen sich Geli, Stefan und ich für 130 Rand pro Person (= 15 Euro) an King Prawns (Garnelen), Queen Prawns und anderen Meeresköstlichkeiten satt. Genial !

20. Dezember oder: Der Tag, an dem meine Uhr und meine gute Laune verschwand.

Wir machen in dem St. Lucia Nationalpark eine Pirschwanderung mit zwei bewaffneten Parkrangers. Alles ist zunächst in Ordnung. Wir sehen viele Kleinigkeiten, die bei einer Pirschfahrt leicht übersehen werden, zum Beispiel Krokodilspuren, Leopardenspuren aus der Nacht zuvor und Elefantendung. Aus einem Beobachtungsstand sehen wir Wasservögel und mehrere Antilopen und kommen später an einem Wasserloch vorbei, in dem ein Krokodil und ein Dutzend Nilpferde baden.

Dann geht das Drama los. Der Parkranger schlägt vor, über die Dünen zu gehen und dann am Ocean entlang zum Parkplatz zu laufen. Hört sich nicht schlecht an. Ist es anfangs auch nicht. Wir stapfen durch tiefen Sand, bekommen einiges von der Vegetation mit und landen nach steilem Abstieg durch den Regenwald am Ocean. Hunderte von kleinen Krebsen laufen in der Brandung herum.

Da Kim uns verlassen hat, um den Wagen zu dem besagten Parkplatz zu bringen, habe ich in den Augen des Rangers die Führung übernommen. Nach einigen Klippen, die wir heil überstehen, meint der Ranger zu mir, das wir an der nächsten Ecke wohl nasse Füße bekommen würden. Selten hat jemand so untertrieben. Die ersten der Gruppe können durch kleinere Wellen noch auf die andere Seiten der Klippen gelangen, dann schlägt der Ocean zu und überrascht uns (und vor allem die Ranger) mit meterhohen Wellen, die vor uns an die Klippen schlagen. Die Zeit zwischen den Wellen ist kaum lange genug, um heil auf die andere Seite zu kommen.

Die erste Welle beim Versuch der Überquerung bedeckt mich etwa bis zur Brust, hüllt meinen Brustbeutel ein und macht meinen Flugschein fast unlesbar. Glücklicherweise ist der Deckel des Reisepasses dick genug, um dem Salzwasser zu widerstehen. Dafür ist bei der zweiten Welle die Uhr weg. Ich reiße den Fotorucksack hoch und treffe mit dem Handgelenk so geschickt eine Felskante, dass diese wohl das Armband abtrennt und dann ist es passiert. Mann ist meine Laune im Eimer…

Erst als wir wieder beim Hotel angekommen sind und den Nachmittag zur freien Verfügung haben, geht es mir wieder etwas besser. Den Nachmittag verbringe ich mit in der Stadt herumlumgern, faulenzen und Cappucino trinken. Auch an diesem Abend ist wieder ein Lokalbesuch angesagt und auch dieses Mal kann ich mir die Seefood-Platte nicht verkneifen (auch wenn Kim argumentativ etwas nachhelfen muss). Gemäß dem alten Sprichwort "wer den Schaden hat..." kommen natürlich regelmäßig Bemerkungen über mein Uhrunglück, aber das stecke ich zwischenzeitlich wieder ganz gut weg. Die werden sich noch wundern, denke ich mir, wenn ich sie in den nächsten 12 Tagen andauernd nach der Zeit frage.


Vorherige Seite - Nächste Seite - Zu den Fotogalerien