Am dritten Tag im Krüger NP kommen wir langsam zu der Einschätzung, dass es immer nur Wolken gibt. Auch die Fahrt in Richtung Süden ist nicht von Sonne begleitet. Mist. Im Sunset Hole sehen wir etwa 25 Nilpferde, die sicherlich weniger traurig über das Wetter sind als wir. Meist sind von den Tieren nur die Kopfoberfläche und die Augen zu sehen. Vor dem Sunset Hole trinkt eine Impala-Herde mit vielen Jungtieren aus dem schmutzigen, kleinen Wasserloch. Ein letzter Büffel schaut uns nach und dann haben wir den Krüger Nationalpark hinter uns gelassen.
Auf den Weg nach Swaziland begleiten uns Bilder, die ich mir vor der Reise als Südafrika vorgestellt hatte. Nur Schwarze sind unterwegs, Frauen am Straßenrand balancieren alles Mögliche auf ihren Köpfen. Häuser reichen von Blechverschlägen bis zu einfachen Steinhäusern.
An der Grenze hängen weiterhin Wolken über den Bergen. Ein königlicher Immigration Officer mit herrschaftlichen Verhalten stempelt meinen Reisepass und entlässt mich mit herrischer Geste. Swaziland ist ein kleines (17.000 km²) ehemaliges südafrikanisches Homeland, das 1968 von England Unabhängigkeit gewährt bekommen hat. Der bei der armen Bevölkerung sehr beliebte König Mswati III hat mehrere Frauen und nach letzter Zählung 38 Kinder. Einmal im Jahr sucht sich der König aus vielen 14-18jährigen Mädchen eine neue Frau aus.
Die Landschaft macht einen sehr gepflegten Eindruck. Bananen, Mangos, Papayas, Ananas, Mais und vieles mehr werden in großen Mengen angebaut.
In einem kleinen Dorf auf dem Weg zu der Hauptstadt Mlabane machen wir einen Fotostop. Aus allen Richtungen rennen Kinder auf uns zu. Nach drei Minuten sind über 15 Kinder, die meisten Jungs, um uns versammelt. Der älteste Junge, vielleicht 13 oder 14 Jahre alt, spricht etwas Englisch. Er möchte sich meine Kamera anschauen, aber Kim rät mir, sie nicht aus der Hand zu geben. Einige Kinder betteln um Geld und um Sweets (Süßigkeiten). Kim hat uns einen langen Vortrag gehalten, warum wir bettelnden Kindern nichts geben sollen und wir halten uns alle daran. Aber wohl ist mir dabei nicht in meiner Haut. Klarer ausgedrückt: ich komme mir vor wie der letzte Mensch. Wie einfach könnte ich einigen Kindern mit ein paar Rand eine Freude machen. OK, ich kann Kims Argumentation verstehen, aber das heißt noch lange nicht, dass sie mir gefällt.
Obwohl die Begegnung mit den Kindern freundlich und offen begonnen hat, bin ich froh, als wir endlich weiterfahren. Ich kann nicht mit der Armut der Schwarzen umgehen, fühle mich bei solchen Begegnungen völlig fehl am Platz. Dies wird sich auch im weiteren Verlauf der Reise nicht ändern. Für mich als Außenstehenden macht es an vielen Orten den Eindruck, dass die Weißen weiterhin die Herrenrasse und die Schwarzen oder Farbigen die Untergebenen sind. Auch wenn Kim versichert, dass sich in den letzten 15 Jahren bereits dramatisches verändert hat.
Die erste Gruppendynamik ergibt sich, als wir an einem lang gezogenen Markt anhalten und die Gelegenheit bekommen, den Swazi beim Anfertigen von Kunst- (und Kitsch-)gegenständen über die Schulter zu schauen. Toni ist offensichtlich nicht zum Shopping nach Südafrika gekommen, aber da muss er jetzt durch. Aus meiner Sicht gehört das Bummeln über die einheimischen Märkte ganz einfach zum Erlebnis dazu. Ganz egal, ob man etwas kauft oder nicht. An jeder Hütte erfolgt die gleiche Begrüßung: "Hello. Have a look inside. I make you a good customer price."
Ich kaufe mir eine bemalte Maske und eine kleine, 40cm hohe Holzgiraffe, die wunderschön bemalt ist. Natürlich gibt es die Giraffen auch in Groß und so haben wir ab Swaziland die Freude, zwei etwa 170cm große Giraffen mit unserem Gepäck zu befördern. Ich hoffe für Uschi sowie Ela und Stefan, dass sie die beiden Tiere heil nach Hause gebracht haben. Meine Giraffe hat es auf jeden Fall überlebt und schmückt jetzt mein Bücherregal.
Am späten Nachmittag kommen wir in unserer Lodge an. Ich mache mich allein auf einen Spaziergang durch die wunderschöne Landschaft, komme an einem Baum vorbei, der von mehreren Hundert Vögeln besetzt ist. Außerdem sehe ich Zebras, Springböcke, Wasserantilopen und Warzenschweine. Und es gibt einen Sonnenuntergang – nicht spektakulär, aber ich bin ja schon dankbar, wenn wir überhaupt Sonne haben. Wobei sich das Wetter ab Swaziland ganz langsam zum Besseren wenden wird.
Nach dem Abendessen kommt dann für mich die eigentliche Sensation des Tages. In der Lodge führen zwei Dutzend Swazis traditionelle Tänze auf, als ich in den Zuschauern ein Gesicht erkenne, das mir bekannt vorkommt. Ich gehe näher ran – und tatsächlich: es ist Martin, einer der Teilnehmer meiner letztjährigen Australientour, der mit einer internationalen Reisegruppe hier gelandet ist. Wie klein ist eigentlich die Welt? Ich kann es nicht fassen und auch aus der Gruppe glaubt mir Anfangs keiner ein Wort.