Nach ein paar Hundert Kilometern Sandstraße haben wir endlich wieder Asphalt unter den Reifen. Wenn die Straßen auch nicht so schlecht waren, wie von Karsten befürchtet, so hat es meinem Rücken doch gereicht. Ich fühle mich wie ein wandelndes Fragezeichen.
Um 10 Uhr sind wir bei den Olgas. Für mich schon das zweite Mal, doch die 36 Gesteinsköpfe (der höchste mit 546m) sind auch diesmal durchaus sehenswert. Der Name Kata Tjuta bedeutet übersetzt "Many Heads = viele Köpfe". In der Aborigenee-Sprache gibt es keine Zahlen, die über drei hinausgehen. Gezählt wird "eins, zwei, drei, viele". Die Olgas sind wie auch der Ayers Rock heiliges Land, das den First-Australians, den Ureinwohnern in den 80er-Jahren zurückgegeben worden ist. Allerdings unter der Bedingung, es für 99 Jahre als Nationalpark zu verpachten.
Die Temperatur ist längst über die 40-Grad-Marke gestiegen. So fallen die ersten Meter der Wanderung in Richtung "Valley of the Winds" ziemlich schwer. Glücklicherweise schieben sich nach dem ersten Kilometer ein paar Wolken vor die Sonne, ich denke nicht, dass ich bei voller Sonneneinstrahlung viel weiter gelaufen wäre.
Als wir beim Aussichtspunkt Kalpa Lookout angekommen sind, ist es richtig bewölkt, so dass ich mich mit ein paar anderen entschließe, den weiteren Weg zum Parkplatz zurückzugehen. Insgesamt 8 Kilometer mit einigen hundert Höhenmetern sind es insgesamt.
Schnell zurück in das Bat-Mobil, denn die Wolken verziehen sich langsam wieder. Nur noch 50 Kilometer bis zum eigentlichen Höhepunkt des Roten Zentrums. In Yulara haben wir unseren Campingplatz mit Blick auf den Uluru (Ayers Rock). Nach dem Zeltaufbau prasselt die Sonne wieder mit Macht auf uns herunter. Wir legen Gabys Thermometer in die Sonne, aber wir wollen es nicht kaputt machen, also warten wir nur kurz ab, bis es die 50 Grad mit Schwung überquert hat und lassen es sich dann im Schatten (48 Grad) erholen.
Es ist wirklich zu heiß, um sich zu bewegen. Mehr oder weniger träge hängen wir herum. Ich unterbreche mein Nichtstun nur für regelmäßige Besuche des Kiosks (Cola und Wasser sind angesagt) und für Wäsche waschen. Eigentlich habe ich dazu auch keine Lust, aber ich will ja am nächsten Tag nicht nackt um den Ayers Rock laufen, also ist eben Arbeit angesagt. Die Sachen kommen klitschnass aus der Maschine und sind in 10 Minuten trocken. Dafür bin ich nass, denn die Wäscheleine befindet sich dummerweise nicht im Schatten.
Gegen 18 Uhr raffen wir uns auf und fahren zum Sonnenuntergang. Leider habe ich auch diesmal Pech mit dem Wetter. Im Westen hängt eine Wolkenbank direkt über dem Horizont und sorgt dafür, dass der Monolith alles andere wird - nur nicht schön rot. Aber wer weiß, wie lange die professionellen Fotografen auf ihr perfektes Sonnenuntergangsbild haben warten müssen. Interessant dagegen ist die Dekadenz, die bei den großen Reisegesellschaften vorherrscht. Mitten in der Wüste werden Tische hervorgekramt und für die Reisenden ein Sekt- und Champagnerbuffet mit kleinen Häppchen aufgebaut. Mir dienen die Gläser immerhin noch als interessanter Vordergrund. Aber etwas wundern muss man sich hier schon.
Northern Territory Tourist Commission
Informationen zu den Olgas
Um 4 Uhr ist Wecken angesagt. Viele haben sich gar nicht erst ins Zelt gelegt, sondern auf den Isomatten an der frischen Luft geschlafen. Soweit man von frischer Luft reden kann. Auch heute wird es kaum kühler werden. Dafür haben wir keine Höhenmeter auf dem Programm, sondern den Spaziergang um den Ayers Rock herum. Davor ist natürlich Frühstück angesagt, wie vor zwei Jahren am Sonnenaufgangspunkt vor dem Ayers Rock. Das Licht ist o.k., aber nicht überwältigend.
Der Ayers Rock ist 350m hoch und lange nicht so glatt, wie es von den bekannten Fotos zu erwarten wäre. Es gibt auch keine treffende Beschreibung für die beeindruckenden Aussichten, die man am Uluru erleben kann. Die einzige Möglichkeit ist tatsächlich, das rote Zentrum selbst zu besuchen.
Heute scheint es so, als ob halb Japan hier wäre, um den Rock zu besteigen. Ob diesen Herrschaften jemand gesagt hat, dass die Besitzer des Monolithen, die Aboriginees, nicht möchten, dass er bestiegen wird? Wie würde es den Japanern wohl gefallen, wenn jemand mit Schuhen nackt in einem ihrer Tempel herumlaufen würde? Aber es sind nicht nur Japaner, auch Europäer und Amerikaner machen sich auf den Weg nach oben. Die Ignoranz dieser Leute kotzt mich an. Sorry. Es musste einfach raus.
Von uns geht keiner nach oben. Karsten hat auch mehr als deutlich gesagt, was er davon halten würde. Und falls es jemanden gibt, der insgeheim doch hoch wollte, denkt diese(r) auch an die Gluthitze und bleibt brav bei der Gruppe. Immerhin gibt es bei der Besteigung jedes Jahr Todesfälle. Am peinlichsten sind übrigens diejenigen (meist Japaner), die sich die ersten Meter für ein Foto nach oben quälen und dann schnell wieder im Bus verschwinden.
Wir laufen los. Ich kenne die Wanderung ja schon und kann mich daher in aller Ruhe mit Martina unterhalten, während Helga nach vorne rennt, ohne nach links oder rechts zu schauen. Aber Helga ist ohnehin ein Kapitel für sich. Zwischenzeitlich sind alle von ihrem Egoismus mehr oder weniger genervt. Am meisten tut mir Jutta - ihre Zeltpartnerin - leid.
Die Wanderung ist genauso genial wie im Jahr 2000. An zwei Punkten steht Karsten, um Wanderunwillige aufzusammeln, aber ich gebe mir die volle Umrundung - auch wenn die letzten zwei Kilometer in der prallen Sonne stattfinden. Natürlich bei über 50 Grad. Meine 4 Liter Wasser sind weg wie nichts.
Das Kulturzentrum, bei dem wir nach der Wanderung einen kurzen Stopp machen, kann man sich nach meiner Meinung eher schenken. Zwar werden einige Filme über die Ureinwohner gezeigt, aber der Rest ist nur ein Versuch, möglichst viele Souvenirs an den Mann (bzw. die Frau) zu bringen. Emu-Öl, Malereien, Didgeridoos, Bumerangs usw. usw.
Auch an diesem Nachmittag ist Erholung angesagt, im Schatten oder im Pool, versteht sich. Dietmar möchte Ureinwohner werden, zumindest sieht sein Kopf nach einigen Stunden Sonneneinstrahlung so aus. Dafür verschwindet die Sonne am späteren Nachmittag, so dass wir gar nicht erst zum Sonnenuntergang fahren, sondern früher mit dem Essen beginnen.
An diesem Tag steht zunächst die Fahrt zum Kings Canyon auf dem Programm. 100 Kilometer schlimmster Schotterstrecke liegen vor uns, ich kann mir kaum vorstellen, dass die "Straße" ein paar Wochen zuvor noch schlechter gewesen sein kann wie Karsten behautet. Mein Rücken meldet sich bei jedem größeren Schlagloch und für eine Weile bin ich echt sauer auf Karsten, dass wir nicht den Umweg über Asphalt gefahren sind.
Auf dem Weg liegt ein (für mich) sehr unspektakulärer Meteoritenkrater und ein Roadhouse mit einem psychisch geschädigten Dingo. Der arme Hund dreht völlig durch, wenn jemand auf dem alten Klavier spielt. Er springt dann auf die Tasten und jault sich die Seele aus dem Hals. Das ganze ist zum einen lustig, zum anderen kann einem der Hund aber auch leid tun. Genauso, wie die üblichen paar Tierchen (Emus, Kangoroos), die in viel zu kleinen Gehegen gehalten werden.
Kurz vor dem Kings Canyon stehen plötzlich einige wilde Kamele auf der Straße und beäugen uns kritisch. Als einige von uns aussteigen und versuchen, sich den scheuen Tieren zu nähern, drehen diese ab und verschwinden im Gebüsch.
Informationen zum Kings Canyon
Wieder heiß, wieder früh raus, der Kings Canyon lädt zum Wandern ein. Doch wider Erwarten lässt sich die Sonne kaum blicken, sondern versteckt sich hinter dunklen Wolken. Fast sieht es so aus, als ob es regnen könnte, aber ein feuchter Guss bleibt uns erspart. Die düstere Stimmung passt zum Canyon, wo es vor einigen Wochen verheerende Feuer gegeben hat. Ich erkenne die Landschaft kaum wieder, viele Bäume sind ganz oder teilweise verbrannt. Trotzdem macht die Wanderung viel Spaß.
Die steile Felswand beeindruckt mich genauso stark wie beim ersten Mal. Glücklicherweise bleiben uns diesmal lebensmüde Idioten, die sich für ein spektakuläres Foto über die Kante beugen, erspart. Ersparen tun sich die meisten auch den Abstecher zum "Garden of Eden", denn der Name steht in keinem Verhältnis dazu, was man zu sehen bekommt - nämlich nicht viel...
Als auf dem Rückweg doch einige Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke drücken, wird die Landschaft in ein diffuses, sehr schönes Licht gehüllt. Hoffentlich habe ich die Stimmung fotografisch gut einfangen können. Bevor es dann zu heiß wird, geht es auch schon weiter nach Alice Springs.
Fast alle Australien-Touristen, die Zeit im roten Zentrum verbringen, kommen früher oder später auch nach Alice Springs, die einzige nennenswerte Ansiedlung im Umkreis von einigen Hundert Kilometern. Wir fahren nachmittags in das kleine Städtchen hinein und beziehen etwas außerhalb des Stadtkerns Quartier.
Wir haben fast einen ganzen Tag zur freien Verfügung. Während Karsten schon nach einer Stunde mit dem Bat-Mobil nach Süden aufbricht, bleiben wir, die die gleiche Strecke am nächsten Nachmittag mit dem Ghan zurücklegen sollen, in der Stadt.
Besonders viel gibt es über Alice Springs nicht zu berichten. Es ist einfach da, weil irgendetwas da sein muss. Die Fußgängerzone ist ganz nett und läst zum Bummeln ein, aber der Reiz reicht für etwa 60 Minuten, spätestens dann hat man alles gesehen. Einige Galerien sind ganz nett, aber die meisten Läden bieten die gleiche touristische Mixtur wie alle anderen. Nach dem Motto: hast du einen Laden gesehen, hast du alle gesehen.
"Flying Doctors" und "School of the Air" sind zwei Dinge, die man sich ansehen kann, aber nicht muss. Ich fand es 2000 nicht sonderlich interessant und so habe ich es mir dieses Mal erspart.
Statt Karsten haben wir für den einen Tag Nicole als Tourguide, wobei sich hier Tourguide eher als Taxiservice definieren ließe. Abends gehen (fast) alle im Bojangles essen, einer Lokalität mit Kneipe im vorderen Teil und einem sehr akzeptablem Restaurant im hinteren Teil. Das Essen ist sehr gut, besonders zu empfehlen sind das Kangoroo-Steak und gegrillter Baramundi. In der Kneipe beginnt gegen 9 Uhr die Livemusik, auch diese kann sich durchaus hören lassen. So kommt es zu einem beschwingten und lustigen Tagesausklang. Übrigens - wer ins Restaurant will, sollte unbedingt reservieren.
"The legendary Ghan", wie uns sämtliche Ansagen im Zug alle zehn Minuten in Erinnerung rufen, ist unser Gefährt für die Strecke von Alice Springs bis Port Augusta. Man kann auch bis Adelaide weiterfahren und falls alles klappt wie geplant, gibt es ab 2004 eine Direktverbindung von Darwin bis Adelaide. Nur - ich hätte auf die Zugfahrt gut und gern verzichten können und lieber 10 Stunden mehr im Bus gesessen. Die "bequemen" Pullmannsitze entpuppen sich als Schlafkiller, dazu fällt in unserem Wagen mehrfach die Klimaanlage aus und was das bei Außentemperaturen von bis zu 45 Grad bedeutet, kann sich jeder an fünf Fingern abzählen.
Immerhin haben wir, als wir zu sechst in einem kühleren Lounge-Wagen sitzen, einen wunderschönen Sonnenuntergang.