Reisebericht Tag 2 bis 9 - Western Australia

Sonntag, 8. Dezember 2002 - Perth

Hier könnte etwas stehen wie: "Die 25 Stunden sind ja wie im Flug vergangen, toller Flug, prima Essen..." aber das stimmt nicht 100prozentig. Es war wie immer eine quälende Angelegenheit, das Bett in Deutschland schreit lauter als am Tag zuvor. Mein Gepäck wird nach Lebensmitteln gefilzt, der Bundesstaat Western Australia hat am meisten Angst davor, dass Waren eingeführt werden, die in Down Under nichts verloren haben. Am Schalter nebenan erwischt es einen Touristen, der tatsächlich noch Lebensmittel in der Tasche hat - der wird keine Freude haben, wenn ich den Gesichtsausdruck der Beamten richtig deute.

Ich mache mich auf die Suche nach unserem Tourguide. Und da steht doch ein gutaussehender blonder Mann mit gelbem Wikinger-Schild: Karsten Eckmayr. Sehr skeptisch wird er begutachtet, nachdem ich letztes Jahr im Nordwesten der USA eine richtige Flachpfeife erwischt hatte. Aber Karsten macht auf den ersten Blick einen sympathischen Eindruck.

Nach und nach tröpfeln die weiteren "Wikinger" ein und das erste Begucken beginnt. Immerhin haben wir auf dieser Reise in den ersten drei Wochen kaum Möglichkeiten, uns aus dem Weg zu gehen, da sollte die Gruppe einigermaßen harmonisch sein. Auf jeden Fall ist sie sehr heterogen. 10 Mädels und 5 Buben von 24 bis über 60 - zwei Pärchen und 11 Alleinreisende - typisch Wikinger.

Wir fahren in die Stadt und Karsten beginnt mit dem Erzählen. Schon in der ersten Stunde gibt er uns mehr Informationen als der letzte Tourguide auf der ganzen Reise. Bei meiner Müdigkeit weiß ich gar nicht, wo ich den ganzen Input hinstecken soll.

Perth hat 1,3 Mio. Einwohner und ist damit eine der größten australischen Städte - und auf den ersten Blick auch eine der reizvollsten. 1,3 Mio. klingt für eine Weltstadt auch nicht sonderlich viel. Wenn man aber berücksichtigt, dass der ganze Bundesstaat W.A. insgesamt 1,9 Mio. Einwohner hat und Western Australien etwa 9 mal größer ist als Deutschland, dann kann man sich schon ein ganz gutes Bild machen, wie der australische Westen außerhalb von Perth so aussehen könnte. Die ersten Siedler ließen sich im übrigen 1829 im Swan Valley nieder, das später in Perth umbenannt wurde.

Perth ist zwar die Hauptstadt von W.A., nicht aber die älteste Ansiedlung. Diese Ehre hat Albany (nur die Ruhe, da kommen wir auch noch hin). Was für uns zunächst noch wichtiger ist, ist das Wetter in Perth. In Perth gibt es mehr Sonnenschein als in jeder anderen australischen Metropole und diesem Ruf wird Perth auch am 8. Dezember 2002 zurecht. Bei schönen 30 Grad und blauem Himmel beginnt die Lust auf Urlaub langsam zu wachsen.

Nach einem kurzen Aufenthalt im Hotel (Ambassador, sehr empfehlenswert für den mittleren Geldbeutel) geht es mit unserem Gefährt (von Karsten liebevoll Bat-Mobil genannt) auf eine kleine Stadtrundfahrt. Glücklicherweise ist in Perth - wie in den meisten australischen Großstädten - der Stadtkern sehr überschaubar, so dass die Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuß erkundet werden können. Für Lauffaule gibt es einen kostenlosen Bus in der Stadtmitte.

Vom Kings Park, der zum verweilen einlädt, haben wir im warmen Nachmittagslicht einen gigantischen Blick auf den Swan River und die dahinter liegende Skyline. Nicht umsonst finden viele Australienreisende Perth noch schöner als Sydney. Das trifft auf mich zwar nicht zu, aber die Stadt hat ein tolles Flair, dem man sich nur schwer entziehen kann. Wie schade nur, dass wir hier nach einem Tag schon weg müssen. Aber 8.000 Kilometer wollen eben auch gefahren sein.

Den ganzen Nachmittag und den Abend verbringe ich auf Fototour durch das Stadtzentrum von Perth - ich muss mich schwer beherrschen, um nicht zu viele Bilder zu machen. Insbesondere der Bell Tower am Hafen und die von dort im Sonnenuntergang liegende Skyline haben es mir angetan. Die Kilometerfresserei - warum kann ich nicht vier Augen und acht Füße haben - wird nur von einem kurzen Fastfood-Imbiss unterbrochen, danach versuche ich - das Stativ habe ich sinnvollerweise im Hotel vergessen - den Bell Tower und die Skyline während der blauen Stunde abzulichten.

Dann packt mich langsam die Müdigkeit wieder und der Rückweg in mein Hotelzimmer ist angesagt.

Die offizielle Seite der Stadt
Informationen zu Perth und Fremantle
Der größte W.A.-Zoo

Montag, 9. Dezember 2002 - Perth-Fremantle-Busselton

Heute haben wir bis 14 Uhr Zeit, die Großstadt zu genießen, dann warten die ersten von 7.200 Buskilometern auf uns. Treffpunkt ist Fremantle (oder Freo, wie Einheimische gerne abkürzen), von Perth mit einer kurzen, aber wunderschönen und unbedingt empfehlenswerten Fährfahrt (12 A$) zu erreichen. Also treffen sich die meisten am 10 Uhr am Hafen und genießen den Wind, der uns durch die Haare pfeift. Gut, bei mir pfeift da nicht mehr viel, aber den anderen fliegen die Haare J. Gaby und Till, beide um die 50, machen einen echt patenten Eindruck. Wir werden bestimmt noch viel Spaß haben. Die Häuser links und rechts sind nicht schlecht, Gaby und ich denken schon mal über den Erwerb einer Hütte für regelmäßige Besuche nach. Oder sollen wir doch in Sydney zuschlagen? Hauptsache mit Blick aufs Wasser :-)

Im Fremantle geht es erst einmal einen lecker Cappuccino trinken, bevor wir uns auf den Weg durch die touristisch geprägten, aber dennoch sehenswerten Straßen machen. Die Fremantle Markets haben - im Gegensatz zu Karstens Info - leider geschlossen. Böse Erinnerungen an den letzten Tourguide werden wach, der uns ja regelmäßig mit fehlerhaften Informationen versorgt hatte. Aber - Glück für uns - es wird die letzte "falsche" Info für die nächsten Wochen bleiben. Zumindest kann ich mich an nichts anderes erinnern.

Um 14 Uhr sind alle am Gefängnis - eine nicht sehr spektakuläre touristische Attraktion - angekommen. Dann machen wir uns auf den Weg nach Süden. Nach kurzer Zeit suchen wir uns einen Supermarkt für den ersten Einkauf. Karsten hat vorgeschlagen, dass er das Einkaufen übernimmt, aber beim ersten Mal laufen wir gemeinsam durch die Gänge. Australien ist deutlich preiswerter als Deutschland, stellen wir fest, besonders, was Fleisch betrifft. Die Einzige, die nicht dieser Meinung ist, ist Helga, unsere Seniorin. Minutenlang läuft sie Karsten hinterher und erzählt ihm, die viel preiswerter sie doch beim ALDI einkaufen kann. Dumm nur, dass es a) auf unserem Weg keinen ALDI gibt und b) Helga A-Dollar, US-Dollar und Euro wild durcheinander wirft. Karsten ist schon ein wenig genervt, aber er erträgt es noch tapfer. (Das wird sich noch ändern...)

An der schönen Küste des Indischen Ozeans entlang fahren wir an Bunbury vorbei bis nach Busselton, wo wir zum ersten Mal unsere Zelte aufschlagen. Es gibt für drei Männer zwei Zelte, was mir unerwartet ein Einzelzelt beschert. Zwar muss ich das immer auch alleine aufbauen, aber bei dem einfachen Prinzip ist dies kein Problem und ich kann mich jede Nacht auf fast fünf Quadratmetern ausbreiten. Luxus pur!

Leider hilft dies nicht beim Schlafen. Irgendwie habe ich diesmal den Flug überhaupt nicht verarbeitet. Ich liege die ganze Nacht wach und - was die ganze Sache noch verschlimmert - alle Stunde quält mich meine Blase aus dem Zelt. Ich wusste gar nicht, dass mein Körper aus 2 Litern Getränken 25 Liter Urin produzieren kann.

Offizielle Seite von Fremantle
Gefängnisseite Fremantle Prison

Dienstag, 10. Dezember 2002 - Busselton-North Cliff

Gerädert stehe ich auf. Aber das hindert mich (zunächst) nicht daran, den Tag zu genießen. Durch Weinanbaugebiete im Westen fahren wir an den äußersten Südwesten des Kontinents, zum Cape Leeuwin. Hier treffen sich der Indische und der Südliche Ozean und wir machen uns die 179 Stufen auf den Leuchtturm, von dem uns ein atemberaubender Blick erwartet.

Außerdem erwarten uns die nettesten Tierchen, die Australien im Sommer zu bieten hat. Fliegen. Nicht eine oder zehn oder hundert, nein, es müssen Millionen sein. Alle Erklärungsversuche, warum es so viele gibt, scheitern, denn diese Anzahl kann nicht erklärt werden. Beim Sonnenaufgang tauchen sie auf, beim Untergang verschwinden sie wieder. Und dazwischen nerven sie, was das Zeug hält. Beim Mittagstisch (Sandwichs in der freien Natur selbst zubereitet) drängeln sich auf dem Tisch neben dem Saft der zerteilten Tomate etwa 150 Fliegen auf einer Fläche von 5x10 Zentimetern. Noch interessanter als die Frage, wo die vielen Fliegen herkommen ist die Frage, warum sie geradezu danach lechzen, in Mund, Augen, Ohren und Nase zu fliegen. An manchen Tagen wird diese Plage nur unter einem Moskitonetz - kunstvoll um den Kopf geschwungen - zu ertragen sein.

Östlich vom Cape kommen wir zu einem 40 Meter hohen Kari-Baum, der mit einer Art Leiter umringt ist, über die der Baumwipfel angesteuert werden kann. Für mich ist das nichts. Okay, ich bin ein Schisser. Aber das Ganze macht wirklich nicht den sichersten Eindruck. Was jedoch Helga, unsere Seniorin mit über 60 nicht davon abhält, hochzukraxeln. Und wenn es nur war, um dem Rest der Gruppe, der brav unten wartet, ihre Fitness zu beweisen. Während Helga auf dem Baum ist, kümmern wir uns mehr um die Hunderte von Vögel, die den Ort auch gut kennen, weil es sich herumgesprochen hat, dass dort bescheuerte Touristen tonnenweise Futter um sich werfen. Das haben wir natürlich nicht gemacht J. Aber ich habe fotografisch partizipiert und bin nicht unglücklich über die Bilder der farbenfrohen Vögel.

Außerdem fahren wir an dem Tag die Jewel Caves an. Nördlich von Augusta am Busselton Highway gelegen, machen wir einen Abstecher in über 50 Meter Tiefe, um uns dort imposante Steinformationen mit riesigen Stalaktiten und Stalagmiten anzuschauen. Kostet nur ein paar Dollar und ist sehenswert. Man kann dort auch mal die brütende Hitze für eine Stunde hinter sich lassen, denn es werden so etwa 20 Grad sein in den Caves.

Der Tageshöhepunkt kommt erst am Abend auf einem kleinen, unscheinbaren Campingplatz bei North Cliff. Karsten hatte diesen zufällig bei einer früheren Tour entdeckt, den genauen Namen kenne ich leider nicht. Die Besitzerin kümmert sich um junge Kangoroos, die ihre Mutter verloren haben. Sie zieht sie groß und lässt sie, sobald möglich, in die Wildnis zurück. Was die süßen Tiere jedoch nicht daran hindert, immer wieder vorbeizukommen und ihre Ersatzmama zu besuchen. Und so bauen wir unsere Zelte zwischen kleinen und großen Western Grey Kangoroos auf. Für mich kommt das böse Erwachen allerdings, als es dem kleinsten, erst 11 Monate alten Kangoroo auf meinem Schoss zu viel wird und es mich mit einer Ladung stinkenden Urins vollsprüht. Na ja, ich habe es überlebt.

Im Übrigen gibt es in North Cliff auch noch freilaufende Alpakas. Ich bin mir nicht sicher, ob das richtig geschrieben ist, bin mir aber sehr sicher, dass diese Vierbeiner zu den lustigsten Tieren gehören, die ich bisher außerhalb eines Zoos zu sehen bekommen habe.

Das böse Ende des Tages kommt, als ich zum zweiten Mal hintereinander nicht einschlafen kann und auch in dieser Nacht meine Blase völlig verrückt spielt. Ich habe mich eigentlich nur noch nach Hause in mein Bett gewünscht.

Infos zum Leuchtturm Cape Leeuwin

Mittwoch, 11. Dezember 2002 - North Cliff-Albany

Durch mächtige Kariwälder geht es in Richtung Albany. Wir machen einen Treetop-Walk, bei dem über eine schön schwankende Brückenkonstruktion 40 Meter Höhe über dem Boden durch den Wald gegangen werden kann. Es schwankt so sehr, dass es Jutta kurz schlecht wird. Aber sie erholt sich schnell. Mir geht es auch nicht besonders, immerhin schlafe ich nicht im Stehen ein.

Dann kommen wir nach Albany, der ältesten Ansiedlung Western Australia, 1826 als Strafkolonie gegründet. Derzeit leben etwa 25.000 Einwohner in der Stadt. Der wichtigste Einwohner für mich an diesem Tag ist Steve. Aber der Reihe nach. Ich mache mir langsam Sorgen über meine Schlaflosigkeit. Denn wenn es so weitergeht, wird der Urlaub kein Vergnügen. Karsten setzt die Gruppe an einem schönen Strand ab und fährt mich ins Albany Hospital, wo (deutsche Ärzte aufgepasst) innerhalb von 30 Minuten sämtliche Daten aufgenommen, eine Urinprobe gemacht und ein Termin bei einem lokalen Arzt 30 Minuten später vereinbart wird.

Der asiatische Arzt (ca. 28 Jahre alt) begrüßt mich mit "Hi, you must be Klaus, I'm Steve", erfragt telefonisch das Ergebnis der Urinprobe (alles o.k. - mir fällt schon ein Stein vom Herzen) und verschreibt mir ein Schlafmittel, damit ich das Jet Lag in den Griff bekomme. Sofort geht es mir mental besser und auch Karsten ist beruhigt.

Weiter geht es zur Natural Bridge und zum Gap, zwei Steinformationen aus Granit am Wasser, im Jahrtausenden geformt und sehr beeindruckend (Unbedingt ansteuern). Nachdem wir nördlich von Albany an Rande der Stirling Range unser Lager aufgeschlagen haben, kommt der erste kulinarische Höhepunkt der Reise. (Wichtiger Hinweis: Natürlich war jedes Abendessen - von Karsten liebevoll zubereitet - auch ein Höhepunkt. Aber eben nicht ganz so hoch...)

Wir speisen in der Mühle Lily - kurz nach einem rosafarbenen Sonnenuntergang und äußerst romantisch. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie viel Karsten, der bei mir am Tisch sitzt, zu erzählen hat. Es ist eben ein anderes Leben, wenn jemand fünf Jahre durch die Weltgeschichte tuckert und alle paar Wochen neue Leute kennen lernt. Aber auch die Gespräche mit Gaby und dem Ehepaar Hartwig und Elke (er ist der zweite passionierte Hobbyfotograf in der Gruppe) machen Spaß.

Nach dem Essen nehme ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Schlaftablette - es hilft. Gott sei Dank. Ich verschlafe sogar das Weckkonzert der etwa 150 Galahs (schöne Vögel mit rotem Federkleid), die über uns in den Bäumen wohnen.

Offizielle Seite von Albany
Touristische Informationen zur Stadt

Donnerstag, 12. Dezember 2002 - Stirling-Range

Einigermaßen ausgeschlafen fahren wir früh morgens in den Stirling Range Nationalpark. Benannt ist der Park nach dem ersten Gouverneur von Western Australia. Die große Hitzewelle hat begonnen, wir registrieren zum ersten Mal über 40 Grad (im Schatten ist es noch kühler).

Eine Vielzahl von kleinen Wildblumen (insgesamt gibt es über 1.000 verschiedene Arten im Nationalpark) und schroffe Berggipfel präsentieren sich uns, als wir den Aufstieg zum 1.073m hohen Bluff Knoll beginnen. Insgesamt 700 Höhenmeter erwarten uns - zunächst im Schatten, dann immer mehr in der Sonne; zunächst gemächlich, dann immer steiler.

Nach zwei Dritteln der Strecke habe ich genug. Noch immer nicht ganz fit, vertreibe ich mir lieber die Zeit mit Fotografieren und netten Gesprächen im Schatten mit Gaby, Till und Jutta. Für Dietmar dagegen ist die Wanderung gar nichts. Es sprintet den Berg rauf und wieder runter und hängt danach noch ein Joggen (10km) zum Zeltplatz dran. Kein Wunder, der Gute hat schon mehrfach am Ironman-Triathlon in Hawaii teilgenommen. Er ist einfach zu fit für uns.

Nach der Wanderung geht es (fährt es) zurück zum Campingplatz. Dietmars und Martins Zelt wird beim Abbau von den Galahs malträtiert. Der Zelteingang ist von oben gesehen maximal einen halben Quadratmeter groß, dennoch schafft es einer der hübschen Vögel, exakt in die Mitte des Eingangs hineinzusch... (zensiert).

Um Zeit zu sparen und den heißen Nachmittag besser im klimatisierten Bat-Mobil zu verbringen, fahren wir früher als geplant weiter und bereiten uns mental auf unser erstes Bush-Camp vor.

Und dann erwartet uns eine Überraschung. Es beginnt, immer dunkler zu werden (nicht vom Sonnenuntergang, sondern von uns besuchenden Wolken), und prompt als wir gegen 19.00 Uhr anfangen, die Zelte auszupacken, beginnt es zu regnen. Noch nicht schlimm, denken wir, das Aufbauen geht ja schnell. Dumm nur, dass Karsten (du Böser!) einen Platz ausgesucht hat, bei dem an ein Hineinschlagen von Heringen in den Boden nicht zu denken ist. Der Regen wird stärker und wir suchen verzweifelt nach weicherem Boden. Gerade als wir aufgeben wollen, ertönt ein Ruf "hier geht es."

Blitzschnell wandern sieben weitere Zelte zu einem Ort, der als Zeltplatz nur ungenügend geeignet ist. Spinifex-Gras erschwert die ganze Sache zusätzlich. Doch dann - pünktlich zum Ende des kleinen, aber heftigen Schauers - stehen die Zelte, und wir können mit dem Abendessen beginnen.

Zwischenzeitlich ist es dunkel geworden, und die Ersten der Gruppe machen Erfahrungen mit dem Busch-Klo. Schaufel in die Hand, einen weit entfernten Platz suchen und dann los. Nicht jedermanns (…fraus) Sache, aber die Erfahrung ist durchaus interessant. Lässt sich ja auch leicht sagen als Mann. Wir können hier ja nach Lust und Laune im Stehen pinkeln. :-)

Spannungspunkt das Abends ist, als eine etwa 60cm lange Schlange einen Besuch bei uns beginnt und mit guten Worten nicht zu vertreiben ist. Intensives Studium eines Buchs über australische Schlangen führt zu dem Ergebnis, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein hochgiftiges Exemplar handelt und uns bleibt nichts anderes übrig, als das Tier zu töten.

Informationen zum Stirling NP
Informationen zum Stirling NP (2)
Informationen zum Stirling NP (3)

Freitag, 13. Dezember 2002 - Kalgoorlie

Ich weiß nicht, wie ich mir eine Goldgräberstadt vorgestellt hatte, aber so sicherlich nicht. Als wir in die 30.000-Einwohner-Stadt hineinfahren, sehen wir neben Industrieanlagen jede Menge an bildschönen Häusern in den Straßen. Was beim zweiten Nachdenken nicht weiter verwundert, können Goldgräber doch pro Schicht (ja nach Leistung und akzeptiertem Risiko) bis zu 2.000 Dollar verdienen. Pro Schicht, nicht pro Monat.

Wir fahren zur Superpit, der größten offenen Goldmine der Welt. Das Loch, das sich vor uns im Boden auftut, ist knapp 3x1 Kilometer groß und bis zu 300 Meter tief. Die Dimensionen sind für meine Augen nicht zu begreifen. Lastwagen mit einer Ladekapazität von über 200t und einem Reifendurchmesser von über 3 Metern fahren durch die Straßen der Mine. Jeder Jahr werden etwa 85 Millionen Tonnen Gestein aus der Mine herausgefahren, etwa 5 Gramm Gold je Tonne ist das Ergebnis der Arbeit. Und insgesamt rechnet der Betreiber damit, 500 Tonnen reines Gold aus der Grube zu gewinnen. Zahlen, die mein Fassungsvermögen fast überschreiten.

In Kalgoorlie zurück, beziehen wir erst einmal unser Zimmer in einem Backpackers. Es ist nach ein paar Zelttagen und vor allem nach einem Bushcamp schön, eine Matratze unter dem Rücken zu haben. Danach begebe ich mich mit Dietmar und Martin auf Wanderschaft durch die Stadt. Zwischenzeitlich haben wir die 40 Grad auch schon im Schatten (43, um genau zu sein), doch langsam gewöhne ich mich an die Temperaturen.

Wir marschieren durch die Stadt und landen schließlich im Museum, wo man auf einer 40m hohen Plattform die ganze Stadt überblicken kann. Ich bleibe ein bisschen im Wind sitzen und vertreibe mir die Zeit mit ‚Lord of the Rings'. 1100 Seiten liegen noch vor mir. Danach geht's mit unserem Nesthäkchen Martina (24) und mit Gaby in ein hübsches 24 Stunden-Cafe, wo wir einen verdienten Cappucino zu uns nehmen. Abends ist Essen in einem Restaurant angesagt, auch dies eine Abwechslung zum Camping-Essen. Ein großes Buffet erwartet uns - preiswert und gut.

Danach stürzen wir uns ins Nachtleben, schade nur, dass ziemlich wenig Nachtleben da ist. In den wenigen Kneipen ist kaum etwas los. Also zurück zum Backpackers und seelisch/moralisch auf die kommenden Wüstentage einstellen.

Offizielle Seite der Goldmine
Offizielle Seite von Kalgoorlie

Samstag, 14. Dezember 2002 - Kalgoorlie/Victoria-Wüste

Morgens machen wir eine Besichtigung in einer stillgelegten Goldmiene. Bill - der selbst 20 Jahre unter der Erde geschuftet hat - erzählt uns in breitestem Australisch von der Entwicklung der Goldgräberei bis zum heutigen Tag. Und schnell relativieren sich die 2.000 Dollar je Schicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nur eine Stunde durchhalten würde. Schlechte Luft und Lärm bis zu 112 Dezibel (bei 115 platzt das Trommelfell), 12-Stunden-Schichten und absehbare schwere Gesundheitsschäden sind die andere Seite der Medaille.

Und jetzt ist Schluss mit der Zivilisation. Das Outback ruft. Wer sich die Victoria-Wüste allerdings so vorstellt wie die Wüste Gobi oder die Sahara, liegt mächtig daneben. Typische australische Outback-Landschaft mit rotem Sand, viel Spinifex-Gras und mehr Vegetation als erwartet begleitet uns auf den 1.200 Kilometern Sandstraße. Zunächst ist die Straße noch gut zu befahren, doch das kann (und wird) sich ja noch ändern.

Abends gibt's das 2. Bushcamp, keine neue Erfahrung, aber genauso lustig wie beim ersten Mal. Immerhin regnet es diesmal nicht beim Zeltaufbau.

Sonntag, 15. Dezember 2002 - Victoria-Wüste/Great Central Road

Die Straßen werden langsam schlechter, dafür haben wir etwas anderes zu feiern. Gaby wird 50. Das ist ein Ding. Ein runder Geburtstag in der Wüste. Zur Feier des Tages veranstalten wir ein Barbecue mit allem, was das Herz begehrt: Beef, Lamm-Filet, Kangoroo-Filet, Baramundi, Spanische Makrele, Gefüllte Zuchini, Geröstete Maiskolben. Dazu Salate, Cola, Wein und natürlich Sekt zum Anstoßen. Eine runde Sache. Und ein Magen, der fast platzt.


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